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Kein Strom = Kein Faktencheck: Desinformation im Kontext des spanischen Blackouts

Am 28. April kam es in Spanien und Portugal zu einem flächendeckenden Blackout. Die Desinformation, die daraufhin kursierte, zeigt exemplarisch die cascading effects solcher Ausfälle – etwa das Ausbleiben von Faktenchecks und die Verbreitung von Falschinformationen durch noch aktive Radiostationen oder andere mediale Multiplikatoren. Der aktuelle EDMO-Bericht bietet eine Übersicht über die zentralen Falschinformationen.


Fake Von der Leyen Statement

23 Minuten nach Beginn des Stromausfalls, um 12:56 Uhr am 28. April (11:56 Uhr in Portugal), tauchte ein angeblicher CNN-Artikel in portugiesischer Sprache auf. Darin wurden erfundene Aussagen von Ursula von der Leyen verbreitet, in denen sie den Ausfall einem russischen Cyberangriff zuschrieb und diesen als Bedrohung für die europäische Souveränität bezeichnete. Es war die erste Desinformation, die im Zusammenhang mit dem Stromausfall entdeckt wurde. Nach dem Facebook-Post auf Portugiesisch verbreitete sich der Inhalt auch auf anderen Plattformen wie WhatsApp und in mehreren Sprachen – darunter Englisch, Spanisch, Polnisch, Russisch und Indonesisch – selbst nachdem sowohl die Europäische Kommission als auch CNN Portugal klargestellt hatten, dass es sich um eine Falschinformation handelte. Derweil hielt der Stromausfall auf der Iberischen Halbinsel weiter an – in weiten Teilen wurde die Versorgung erst am 29. April um 11:15 Uhr vollständig wiederhergestellt.


Das “atmosphärische Phänomen”

Ein weiteres Desinformationsnarrativ während des Stromausfalls behauptete, das portugiesische Energieunternehmen Redes Energéticas Nacionais (REN), das Pendant zum spanischen Betreiber Red Eléctrica Española (REE), habe die Ursache des Ausfalls auf ein „seltenes atmosphärisches Phänomen“ in Spanien zurückgeführt.


Einige Medien griffen diese Behauptung als vermeintliche Tatsache auf. CNN Portugal etwa berichtete, die Information stamme aus einer Eilmeldung der Nachrichtenagentur Reuters, die sich angeblich auf REN-Quellen berief. REN dementierte jedoch, eine solche Aussage getroffen zu haben. Wie Reuters gegenüber dem katalanischen Faktencheck-Projekt Verificat mitteilte, wurde die entsprechende Meldung wieder zurückgezogen. CNN Portugal veröffentlichte den Beitrag (korrigierte ihn später aber) um 16:08 Uhr (spanischer Zeit). Auch britische Medien wie Sky News (16:03 Uhr) und die BBC (16:07 Uhr) berichteten zu diesem Zeitpunkt über das angebliche Phänomen, nannten aber keine Quelle und haben ihre Artikel bis jetzt nicht korrigiert.


Im Anschluss daran verbreiteten sich auf X (ehemals Twitter) zahlreiche Beiträge mit Screenshots dieser Medienberichte, in denen das „seltene atmosphärische Phänomen“ in mehreren Sprachen genannt wurde – darunter Englisch, Deutsch und Italienisch. Bis zum 7. Mai 2025 hat Red Eléctrica Española (REE) noch keine offizielle Erklärung zu den Ursachen des Stromausfalls auf der Iberischen Halbinsel veröffentlicht; die Untersuchungen dauern an. Obwohl wir nicht unabhängig bestätigen konnten, ob Reuters tatsächlich eine solche Meldung verbreitet hat, erschien der erste bekannte Beitrag zu diesem Thema bereits um 16:01 Uhr – noch vor den Veröffentlichungen von CNN Portugal, BBC oder Sky News. Er wurde auf Englisch vom chinesischen Staatssender CGTN veröffentlicht, der im jüngsten Bericht des European External Action Service (EEAS) für die „Koordination und Verstärkung informationsmanipulativer Operationen“ genannt wird.


Falsche Satellitenbilder

Im Zuge des großflächigen Stromausfalls auf der Iberischen Halbinsel kursierten in sozialen Netzwerken manipulierte Satellitenbilder, die Spanien und Portugal komplett im Dunkeln zeigten – während der Rest Europas beleuchtet erschien. Diese Bilder, u. a. durch das prorussische Pravda-Netzwerk verbreitet, wurden etwa auf ihrer katalanischen Seite und dem belgischen Kanal am 29. April gepostet. Wie Maldita.es belegt, waren viele dieser Darstellungen falsch: So wurden etwa Gebiete wie Frankreich oder die Balearen als „dunkel“ gezeigt, obwohl sie nicht betroffen waren.


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Falschinformationen wurden auf Englisch, Deutsch, Italienisch, Russisch, Arabisch oder Indonesisch verbreitet. Einige von ihnen – etwa angebliche Satellitenbilder – wurden von russischen Desinformations- und Propagandanetzwerken wie Pravda verbreitet. In anderen Fällen wurden Medienorganisationen gezielt imitiert, ähnlich wie bei der Doppelgänger Kampagne oder Operation Matryoshka, die beide Russland zugeschrieben werden.

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