Desinformation & Naturkatastrophen: Bericht des CCDH
- anamariakoridze
- 10. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 5 Tagen

Das Center for Countering Digital Hate (CCDH) hat einen Bericht Extreme Weather: How a storm of false and misleading claims about extreme weather events spread unchecked on social media putting lives at risk veröffentlicht, in dem untersucht wird, wie stark falsche und irreführende Inhalte während jüngster Klimakatastrophen zugenommen haben. Dazu zählen die Hurrikane Helene und Milton Ende 2024 sowie die Waldbrände in Los Angeles Anfang 2025. Diese Katastrophen forderten Hunderte TodesopferInnen und zwangen Tausende zur Flucht, während soziale Plattformen gleichzeitig Verschwörungstheorien verbreiten ließen, die wichtige Informationen überlagerten.
Die Studie analysierte 300 Beiträge auf Meta (Facebook und Instagram), YouTube und X aus dem Zeitraum zwischen April 2023 und April 2025, die zusammen mehr als 221 Millionen Aufrufe verzeichneten. Ein erheblicher Teil der Beiträge stammte von reichweitenstarken Accounts, die Verschwörungsnarrative über Hurrikane, Waldbrände und Katastrophenhilfe verbreiteten. Grundlage war ein neu entwickelter Datensatz mit Inhalten bekannter KlimaleugnerInnen. Das CCDH filterte darin Beiträge heraus, die Begriffe wie „Flooding”, „Wildfire” oder „FEMA” enthielten. Jeder ausgewählte Beitrag wurde mithilfe unabhängiger Faktenchecks als irreführend eingestuft.
Die irreführenden Behauptungen konzentrierten sich im Wesentlichen auf fünf Bereiche:
die Ursachen extremer Wetterereignisse,
die Folgen des Klimawandels,
Reaktionen von Einsatzkräften,
die Katastrophenhilfe,
sowie politische Maßnahmen.
Mehr als drei Viertel der untersuchten Beiträge bezogen sich auf Waldbrände und Hurrikane. Dabei waren der Hurrikan Helene und die Waldbrände in Los Angeles am häufigsten Ziel von Desinformationen. In vielen Erzählungen wurde die Glaubwürdigkeit von Einsatzkräften infrage gestellt, es wurde behauptet, dass Hilfeleistungen blockiert oder falsch verteilt würden, oder der Zusammenhang mit dem Klimawandel wurde gänzlich bestritten.
Der Bericht zeigt zudem einen Wandel auf: Von der älteren Form der Klimaleugnung, bei der die Erderwärmung an sich in Abrede gestellt wurde, hin zu einer „neuen Leugnung“, bei der die Folgen des Klimawandels relativiert und Lösungen sowie die Arbeit von Hilfsorganisationen untergraben werden. Laut CCDH ist diese Entwicklung besonders gefährlich in Krisensituationen, da sie fundierte Entscheidungen verhindert und somit Menschenleben gefährdet.
Besonders auffällig ist, wie selten die Plattformen Faktenchecks oder Korrekturen einsetzten. Auf den Meta-Plattformen waren 98 % der irreführenden Beiträge ohne entsprechenden Hinweis, bei X waren es 99 % und YouTube verzichtete vollständig auf diese Maßnahmen. Durch diese Untätigkeit wurden Verschwörungstheorien Vorschub geleistet. So erreichten die Falschbehauptungen von Alex Jones über angebliche Regierungspläne während der Waldbrände in Los Angeles auf X etwa mehr Aufrufe als die gebündelte Reichweite von FEMA, der Los Angeles Times und zehn weiteren großen Medien und Behörden im selben Zeitraum.
Das Problem wird durch die Monetarisierung der Plattformen zusätzlich verschärft. Verifizierte Accounts, die oft über direkte Einnahmequellen verfügen und mehr Sichtbarkeit erhalten, tragen überproportional zur Verbreitung von Falschinformationen bei. So stammten auf X 88 %, auf YouTube 73 % und auf Meta 64 % der irreführenden Beiträge von verifizierten NutzerInnen. In manchen Fällen profitieren die ErstellerInnen direkt durch Werbeeinnahmen oder Abonnements, und damit auch die Plattformen selbst, von der Desinformation.
Die Folgen sind keineswegs abstrakt. Wenn sich während Naturkatastrophen Desinformationen ausbreiten, können diese das Risikobewusstsein verzerren, Evakuierungen verzögern, Einsatzkräfte behindern und Menschen über die verfügbare Hilfe in die Irre führen. Indem große Plattformen solche Inhalte zulassen und daran verdienen, befeuern sie nicht nur Misstrauen, sondern gefährden aktiv Menschenleben, ausgerechnet in Momenten, in denen verlässliche Informationen überlebenswichtig sind.
Zum ganzen Artikel des CCDH geht es hier.





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